Das beklagte Land wird verurteilt, den Kläger im Wege des Schadensersatzes in jedweder beamtenrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als sei er zum 21. 06. 2011 in die Besoldungsgruppe A 11 BBesO befördert worden.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der am 00. 00. 0000 geborene Kläger steht als Polizeioberkommissar (A 10) im Dienst des beklagten Landes. Er ist bei dem Polizeipräsidium C. tätig.
Der Kläger erlitt im Jahr 1986 einen Unfall, bei dem die linke Schulter verletzt wurde. Mit Wirkung vom 07. 04. 1992 wurde der Unfall als Dienstunfall anerkannt.
In Folge des Unfalls und eines Lungenleidens ist die Verwendungsfähigkeit des Klägers eingeschränkt. Es besteht eine Dienstunfähigkeit für bestimmte Verwendungen und eine anerkannte Schwerbehinderung mit einem
GdB von 50 %.
Im Juni 2011 wurde eine Beförderungsrunde nach A 11 initiiert, in deren Rahmen insgesamt 33 Beförderungsplanstellen zur Besetzung anstanden.
Der Kläger erfüllte die Leistungs- und Hilfskriterien, die in der "Mitteilung über Beförderungsplanstellen" vom 07. 06 2011 der Auswahlentscheidung für die Beförderungen zugrunde gelegt wurden.
Unter dem 14.06.2011 erhielt der Kläger die Mitteilung, dass er nicht berücksichtigt werden könne. Er gehöre zwar grundsätzlich zum Kreis der Kandidaten, die für eine Beförderung in Frage kommen; jedoch erfülle er derzeit nicht die erforderlichen dienstrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung, da begründete Zweifel an der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit bestünden, die nicht ohne vorherige polizeiamtsärztliche Begutachtung ausgeräumt werden könnten.
Der Kläger hat wegen der drohenden Nichtberücksichtigung im Beförderungsverfahren am 21.06.2011 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt (19 L 950/11).
32 Beförderungen wurden bereits am 21. 06. 2011 vollzogen. Das Eilverfahren 19 L 950/11 wurde übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte mitgeteilt hatte, er werde die verbliebene Stelle zunächst nicht besetzen und möglicherweise bis zur nächsten Beförderungsrunde zurückhalten.
Der Kläger hat am 15. 03. 2012 die vorliegende Klage erhoben, mit der er Schadensersatzansprüche wegen der unterbliebenen Beförderung geltend macht.
Zur Begründung der Klage führt er unter anderem aus, die von ihm auszuübende Funktion erfordere keine uneingeschränkte Polizeidienstfähigkeit. Er sei zum Zeitpunkt der anstehenden Beförderung auch nicht vollständig polizeidienstunfähig gewesen, es habe lediglich eine eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit vorgelegen.
Nach Klageerhebung wurde der Kläger polizeiamtsärztlich begutachtet. In dem polizeiamtsärztlichen Gutachten vom 06. 06. 2013 kommt der Gutachter RMD
Dr. I. zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass der Kläger wegen bestehender gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht polizeidienstfähig, aber allgemein dienstfähig sei.
Der Kläger beantragt,
ihn im Wege des Schadensersatzes in jedweder beamtenrechtlicher Hinsicht so zu stellen, als sei er zum 21. 06. 2011 nach A11 befördert worden.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es führt unter anderem aus, der Kläger könne erst dann in das Beförderungsgeschehen einbezogen werden, wenn ihm eine Stelle
bzw. Funktion, auf der er mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen als polizeidienstunfähiger Beamter uneingeschränkt Dienst verrichten könne, dauerhaft übertragen worden sei und er diese auch tatsächlich wahrnehme. Erst nach Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit und dauerhafter Umsetzung auf eine Stelle
bzw. in eine Funktion, die den gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers so weit entspreche, dass sich seine Polizeidienstunfähigkeit auf seine Dienstverrichtung nicht mehr auswirke, sei der Kläger wieder beförderungsfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Landes Bezug genommen.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei er bereits zum 21.06.2011 befördert worden.
Ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Beförderung besteht dann, wenn der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung den aus
Art. 33
Abs. 2
GG folgenden Anspruch des Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Beförderung schuldhaft verletzt hat, dem Beamten durch diese Pflichtverletzung adäquat kausal ein Schaden entstanden ist und der Beamte es nicht unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden,
vgl. BVerwG, Urteil vom 01.02.2009 - 2 A 7.06 -, NVwZ 2009, 787;
OVGNRW, Urteile vom 06.12.2009 - 6 A 214/07 -, www.nrw.de und vom 05.06.2004 - 6 A 3089/02 -, NVwZ-RR 2005, 269.
Die Anspruchsvoraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Insbesondere war die Auswahlentscheidung des Beklagten, durch die der Kläger von der Beförderung ausgeschlossen wurde, fehlerhaft.
Der Kläger ist, wie der Vertreter des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt hat, nur deshalb nicht befördert worden, weil Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit bestanden.
Allein bestehende Zweifel an der Polizeidienstfähigkeit durften dem Beförderungsbegehren des Klägers indes nicht entgegengehalten werden.
Bis Juni 2011 (und wohl auch bis heute) übte der Kläger die ihm zugewiesene, amtsangemessene Funktion (Innendienst, Bürotätigkeit) trotz bestehender Verwendungsausschlüsse und Einschränkungen der Polizeidienstfähigkeit ohne Beanstandung aus, seine Leistung und Befähigung entsprach ausweislich der Beurteilung vom 08.11.2011 voll den Anforderungen.
Einem Bewerber, der - wie vorliegend der Kläger - trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen weiter verwendet wird, darf die gesundheitliche Eignung für ein Beförderungsamt nicht allein deshalb abgesprochen werden, weil er den gesundheitlichen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes nicht oder nicht vollumfänglich entspricht. Hinzukommen muss vielmehr, dass aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen eine ordnungsgemäße und dauerhafte Wahrnehmung der mit dem angestrebten Amt verbundenen Aufgaben nicht gewährleistet ist. Die Auffassung, dass die volle Polizeidienstfähigkeit unabdingbare Voraussetzung für eine Beförderung im Polizeivollzugsdienst sei, ist mit
Art. 33
Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG unvereinbar. Sie führt dazu, dass Beamte, die trotz eingeschränkter oder fehlender Polizeidienstfähigkeit weiterverwendet werden, dauerhaft von jeglicher Beförderungsmöglichkeit ausgeschlossen werden könnten.
Vgl.
BVerfG, Beschluss vom 10.12.2008 -
2 BvR 2571/07 -, juris.
Wenn und solange der schwerbehinderte Beamte im Polizeidienst weiter verwendet wird, hat er - unabhängig davon, ob Polizeidienstfähigkeit besteht, nicht besteht oder insoweit Zweifel bestehen - grundsätzlich einen Anspruch darauf, in einem Beförderungsverfahren angemessen und entsprechend der von ihm erbrachten Leistung, die sich regelmäßig aus seiner Beurteilung ergibt, berücksichtigt zu werden. Wenn einem schwerbehinderten Beamten im Beförderungsverfahren die aus der Schwerbehinderung resultierende Polizeidienstunfähigkeit als die Beförderung ausschließenden Kriterium entgegengehalten werden könnte, hieße das, dass einem schwerbehinderten Beamten jede Hoffnung und Möglichkeit genommen wäre, in seinem Berufsleben nochmals befördert zu werden. Diese Sichtweise wäre mit
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG unvereinbar.
Dem Beförderungsbegehren des Klägers hätte die eingeschränkte oder fehlende Polizeidienstfähigkeit deshalb nur dann entgegengehalten werden können, wenn in dem Beförderungsamt kein Dienstposten zur Verfügung gestanden hätte, auf dem der Kläger mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen auf Dauer hätte verwendet werden können.
vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. 12. 2008 -
2 BvR 2571/07 -, a.a.O..
Das ist vorliegend aber nicht der Fall, da die vom Kläger im Jahr 2011 innegehabte Stelle, wie der Vertreter des Beklagten im Verhandlungstermin erläutert hat, eine sog. Bandbreitenstelle war. Der Kläger wäre also nach seiner Beförderung weiter auf dem Dienstposten verwendet worden, den er bis dahin in einer Weise ausgefüllt hat, die voll den Anforderungen entsprach.
Der Kläger hat es schließlich auch nicht unterlassen, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
Auch beim beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch beansprucht der in § 839
Abs. 3
BGB enthaltene Rechtsgedanke Geltung, wonach eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht eintritt, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das nunmehr als rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden, wenn also für den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand,
vgl. etwa
BVerwG, Urteile vom 28.05.1998 - 2 C 29/97 -, BVerwGE 107, 29
und vom 3. 12. 1998 - 2 C 22/97 -, ZBR 1999, 199.
Vorliegend hatte der Kläger das ihm Zumutbare und Erforderliche zur Abwendung des Schadens unternommen. Er hat die Auswahl der Konkurrenten für die Beförderungsstelle ohne schuldhaftes Zögern und mit dem gebotenen rechtlichen Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes angegriffen (Verfahren 19 L 950/11).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167
Abs. 1
VwGO, 709
ZPO.