Die Entscheidung kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101
Abs. 2
VwGO) durch den Berichterstatter (§ 87a
Abs. 3
i.V.m. Abs. 2
VwGO) ergehen.
Die Klage hat im Wesentlichen Erfolg.
Sie ist zulässig, insbesondere als allgemeine Leistungsklage statthaft.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (
OVG NRW), Urteil vom 28. April 2004 - 1 A 1721/01 -, NVwZ-RR 2005, 269; ferner Beschluss vom 30. Dezember 2009 - 6 A 921/07 -, juris.
Der Klageantrag ist
gem. § 82
Abs. 1 Satz 2
VwGO ferner ausreichend bestimmt, da er auf die Einräumung einer günstigeren Rechtsstellung gerichtet ist, welche im Klageantrag genau bezeichnet wird und nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften bestimmbar ist.
Die Klage ist auch weitgehend begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er am 1. Mai 2010 zum Kriminalhauptkommissar (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) befördert worden.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung knüpft der Schadensersatzanspruch wegen unterlassener oder verspäteter Beförderung unmittelbar an eine adäquat-kausale und schuldhafte Verletzung der Auswahlkriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung (
Art. 33
Abs. 2
GG; § 9 BeamtStG; § 20
Abs. 6
LBG NRW) an. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den sich hieraus ergebenden Anspruch des Beamten auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Rechtsgrundlage dieses Schadensersatzanspruchs ist das Beamtenverhältnis.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG), Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 , BVerwGE 124, 99, vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147, vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 , BVerwGE 107, 29, und vom 11. Februar 2009 - 2 A 7.06 -, NVwZ 2009, 787;
OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Diese Voraussetzungen liegen vor.
I. Die KPB O hat bei der Vergabe der ihr für März 2010 zugewiesenen Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A 11 den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt. Der Dienstherr hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe von Beförderungsstellen das in
Art. 33
Abs. 2
GG, § 9 BeamtStG, § 20
Abs. 6
LBG NRW verankerte Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber zu bewerten und zu vergleichen.
Gemessen hieran erweist sich das damalige Stellenbesetzungsverfahren der KPB O als rechtswidrig, weil die Auswahlentscheidung auf der Grundlage einer rechtsfehlerhaften dienstlichen Beurteilung des Klägers beruhte. Die der Auswahl zu Grunde liegende Beurteilung vom 4. März 2010 berücksichtigte die behinderungsbedingten Einschränkungen
bzw. Minderleistungen des Klägers nicht in gebotenem Umfang. Die KPB O hatte ausdrücklich festgestellt, dass sich die Behinderung nicht auf die Beurteilung ausgewirkt habe. Dieser Ausgangspunkt war jedoch sachlich falsch, da der Kläger unstreitig Pausen während seiner Arbeitszeit benötigte, weil er wegen seines Rückenleidens nicht über längere Zeit in einer festen Position verharren konnte. Muss er aber Pausen in seinen Arbeitsablauf einbauen, so muss er zur Erbringung derselben Arbeitsmenge wie ein Nichtbehinderter länger an seinem Arbeitsplatz bleiben und/oder eine höhere Energie aufbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss der Kammer vom 2. Juli 2010 im Verfahren 2 L 576/10, bestätigt durch Beschluss des
OVG NRW vom 2. September 2010 -
6 B 922/10 -, verwiesen.
II. Der Dienstherr hat bei der Auswahlentscheidung im März 2010 auch schuldhaft gehandelt. Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des Bürgerlichen Rechts. Danach handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276
Abs. 2
BGB). Nach diesem Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von dem verantwortlichen Amtsinhaber generell verlangt werden kann. Dazu gehört, dass er die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der zur Verfügung stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden muss. Stellt sich eine behördliche Maßnahme als fehlerhaft heraus, so kann daraus ein Verstoß des verantwortlichen Amtsinhabers gegen Sorgfaltspflichten nicht hergeleitet werden, wenn er die zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen hat und sie im Ergebnis als vertretbar angesehen werden kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die zu beurteilende Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt ist.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris;
OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Nach diesem Maßstab haben die verantwortlichen Amtsinhaber fahrlässig gehandelt, indem sie bei der erneuten Beurteilung des Klägers vom 4. März 2010 dessen behinderungsbedingte Einschränkungen nicht hinreichend berücksichtigt haben. Dass er Pausen während seiner Arbeitszeit benötigte, weil er wegen seines Rückenleidens nicht über längere Zeit in einer festen Position verharren konnte, war der KPB O spätestens aus dem gegen die Beurteilung vom 13. Oktober 2008 gerichteten Klageverfahren 2 K 8294/08 bekannt (
vgl. dort Urteil vom 27. Oktober 2009,
S. 3/4 des amtlichen Abdrucks). Daraus ergab sich denknotwendig, dass der Kläger zur Erbringung derselben Arbeitsmenge wie ein Nichtbehinderter länger an seinem Arbeitsplatz bleiben und/oder eine höhere Energie aufbringen muss. Zu diesem Schluss hätte auch der maßgebliche Amtsträger der KBP O kommen müssen, wenn er eine den einschlägigen methodischen Regeln entsprechende Prüfung unter Aufbringung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt gewissenhaft vorgenommen hätte.
Hierbei handelte es sich auch nicht etwa um eine Rechtsfrage, bei der eine andere Beantwortung ebenfalls als vertretbar angesehen werden konnte. Vielmehr geht es um eine auf tatsächlicher Ebene liegende und den allgemeinen Denkgesetzen unterworfene Frage. Daher kommt es nicht darauf an, ob sie durch die Rechtsprechung geklärt oder im Schrifttum abschließend behandelt ist.
III. Dem Kläger ist durch die festgestellten Pflichtverstöße der geltend gemachte Schaden adäquat kausal entstanden. Die Feststellung einer adäquaten Kausalität zwischen der rechtswidrigen Auswahlentscheidung und dem behaupteten Schaden setzt voraus, dass die Behörde, wenn sie die Fehler im Auswahlverfahren vermieden hätte, voraussichtlich zu Gunsten des Beamten entschieden hätte. Hierfür muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 23. Mai 2002 - 2 C 29.01 -, ZBR 2003, 136;
OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Dazu muss die Konkurrenz des Schadensersatz fordernden Beamten mit den anderen Bewerbern um die Beförderungsstelle - insbesondere mit demjenigen, dem das Beförderungsamt übertragen worden ist - nachgezeichnet werden. Wenn feststeht, dass aus Rechtsgründen kein anderer Bewerber dem Beamten hätte vorgezogen werden dürfen, kommt Schadensersatz wegen unterbliebener
bzw. verspäteter Beförderung in Betracht.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397;
OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Mit Rücksicht auf den dem Dienstherrn sowohl bei der Würdigung der Einzelfeststellungen der dienstlichen Beurteilungen als auch der der Aussagekraft von Vorbeurteilungen eingeräumten Beurteilungs- und Ermessensspielraum kommt dabei der Beförderungspraxis eine wesentliche Rolle zu. Hat der Dienstherr sich im Rahmen seines Einschätzungsspielraums durch eine ständige Übung bei der Durchführung des Qualifikationsvergleichs gebunden, so ist aus Gleichbehandlungsgründen diese Praxis auch bei der Beurteilung des hypothetischen Kausalverlaufs zugrunde zu legen.
OVG NRW, Beschluss vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Nach diesen Maßstäben wäre das Auswahlermessen des beklagten Landes auf die Entscheidung reduziert gewesen, den Kläger im Mai 2010 zu befördern.
Dieser ist auf der Grundlage der zum Stichtag 1. August 2008 erstellten Beurteilung gemeinsam mit 13 anderen Beamten als im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen. Maßgeblich war insoweit seine am 18. November 2010 zum dritten Mal zu diesem Stichtag erstellte Beurteilung. Sie weist nunmehr im Gesamturteil und in zwei Hauptmerkmalen 3 Punkte, im Hauptmerkmal "Leistungsergebnis" aber 4 Punkte auf. Damit war der Kläger nach der Auswahlpraxis der KPB O als mit dem Konkurrenten I und weiteren 12 Konkurrenten im Wesentlichen gleich beurteilt anzusehen.
Die der (fiktiven) Auswahlentscheidung zugrunde zu legende, oben geschilderte Beförderungspraxis der KPB O, bei gleichlautendem Gesamturteil der aktuellen Beurteilung einen für die Auswahlentscheidung ausschlaggebenden Qualifikationsvorsprung aus der um einen Punktwert besseren Bewertung in einem Hauptmerkmal herzuleiten, hält sich im Rahmen des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsspielraums und entspricht im Bereich der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen weit verbreiteter, vom
OVG NRW gebilligter Praxis.
Vgl.
OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Dezember 2008 - 6 B 1425/08 -, juris, und vom 30. Dezember 2009, a.a.O.
Gleiches gilt für die stärkere Gewichtung der beiden Hauptmerkmale "Leistungsverhalten" und "Leistungsergebnis" gegenüber dem Hauptmerkmal "Sozialverhalten".
Dass dem Dienstherrn bei der erneuten Beurteilung des Klägers ein Beurteilungsspielraum zustand und eine Heraufsetzung im Hauptmerkmal "Leistungsergebnis" auf 4 Punkte bei der Beurteilung vom 18. November 2010 daher keineswegs zwingend war, führt zu keiner anderen Bewertung. Die KPB O hat sich im konkreten Fall nämlich für eine solche Heraufsetzung der Beurteilung des Klägers entschieden. Dabei hat sie gerade das Submerkmal 2.2 "Leistungsumfang", in dem es um die zu bewertende Quantität geht, um einen Punkt heraufgesetzt und damit den Bedenken der Kammer aus dem Beschluss vom 2. Juli 2010 (2 L 576/10) Rechnung getragen, wonach die behinderungsbedingten Pausen des schwerbehinderten Klägers zu berücksichtigen sind. Das ist schlüssig und nachvollziehbar. Das Gericht sieht keinen Grund, dem nicht zu folgen. Bei Nachzeichnung der fiktiven Auswahlentscheidung war daher diese - nachträgliche - Einschätzung des Dienstherrn zu Grunde zu legen.
Von den 13 aktuell gleich Beurteilten verblieben nach Auswertung der Gesamturteile der ersten, zweiten, dritten und vierten Vorbeurteilung noch sechs Konkurrenten.
Vgl. zur Heranziehung von Vorbeurteilungen:
BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - 2 C 31.01 -, DVBl. 2003, 1545, und vom 27. Februar 2003 - 2 C 16.02 -, NVwZ 2003, 1397;
OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Dezember 2003 - 6 B 2172/03 -, DÖD 2004, 171 und vom 22. Dezember 2003 6 B 2321/03 -, juris.
Auch der Kläger hätte bei einem Leistungsvergleich aufgrund der Vorbeurteilungen noch zu diesem Bewerberfeld gehört. Das ergibt sich schon aus dem Vergleich seiner Vorbeurteilungen mit denjenigen des Erstplatzierten, POK I. Die Gesamturteile der ersten und zweiten Vorbeurteilungen, die jeweils im Statusamt A 10 BBesO erfolgt sind, lauteten bei beiden jeweils 3 Punkte. In der dritten Vorbeurteilung war POK I im Statusamt A 9 BBesO mit 4 Punkten und der Kläger im Statusamt A 10 BBesO mit 3 Punkten bewertet worden, was nach der Auswahlpraxis der KPB O in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als Gleichstand gesehen wird. In der vierten Vorbeurteilung hatte beide im Statusamt A 9 BBesO 3 Punkte erhalten.
Bei der Auswahlentscheidung im März 2010 war nunmehr - ebenfalls beanstandungsfrei - auf das Hilfskriterium der Verweildauer im gehobenen Dienst (Ernennung zum Polizeikommissar) zurückgegriffen worden. Von den verbliebenen sechs Beamten waren der Kläger und zwei weitere am 24. April 1995 zum Polizeikommissar ernannt worden, die übrigen später.
Zuletzt hatte die KPB O POK I deshalb den Vorzug gegeben, weil er am längsten in seinem aktuellen Amt des Oberkommissars verweilt hatte (Ernennung am 25. Juli 2000). Auch der Rückgriff auf dieses Auswahlkriterium ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter Zugrundelegung dieses Hilfskriteriums hätte indes der Kläger ausgewählt werden müssen, weil er bereits am 27. Juli 1999 und damit ein Jahr früher zum Oberkommissar befördert worden war.
IV. Der Anspruch ist nicht aufgrund des in § 839
Abs. 3
BGB enthaltenen Rechtsgedankens ausgeschlossen. Dem Kläger kann nicht vorgeworfen werden, es schuldhaft unterlassen zu haben, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Beförderung der Mitbewerber zu verhindern und auf diese Weise den Eintritt des Schadens abzuwenden. Vielmehr hat er mit dem am 14. April 2010 bei Gericht eingegangenen, erfolgreichen Antrag, dem Beklagten zu untersagen, die der KPB O für März 2010 zur Verfügung gestellte Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A 11 BBesO mit dem ausgewählten Konkurrenten zu besetzen (2 L 576/10), die Stellenbesetzung verhindert.
Der Klage ist demnach insoweit stattzugeben, als sie - mit dem Hilfsantrag - darauf gerichtet ist, den Kläger so zu behandeln, als sei er bereits zum 1. Mai 2010 zum Kriminalhauptkommissar befördert worden.
Eine fiktive Beförderung schon zum 1. April 2010 kam dagegen nicht in Betracht; insoweit ist die Klage abzuweisen. Dem steht schon entgegen, dass die Gleichstellungsbeauftragte erst am 7. April 2010 und der Personalrat erst am 9. April 2010 der am 24. März 2010 getroffenen Auswahlentscheidung zugestimmt haben. Auch dann, wenn der Kläger bereits im Zeitpunkt dieser Auswahlentscheidung besser beurteilt gewesen wäre, wäre er deswegen nicht schon zum 1. April 2010 befördert worden. Eine Beförderung zum 1. Mai 2010 dagegen erscheint im Rahmen der hier gebotenen fiktiven Betrachtung bei normalem Ablauf der Geschehnisse realistisch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155
Abs. 1 Satz 3
VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO in Verbindung mit § 708
Nr. 11, § 711
ZPO.
Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a
Abs. 1 Satz 1
VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124
Abs. 2
Nr. 3 oder
Nr. 4
VwGO nicht als gegeben ansieht.