2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der angesprochenen Rechtsfragen geboten (§ 132
Abs. 2
Nr. 1
VwGO). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (stRspr,
vgl. Beschluss vom 2. Februar 2011 -
BVerwG 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht
Nr. 173). Diese Voraussetzungen liegen bei den drei von der Beklagten erhobenen Grundsatzrügen nicht vor.
a) Die Beklagte hält es erstens für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"unter welchen Voraussetzungen eine
AGG-Klage abgesehen von der Frage der subjektiven Ernsthaftigkeit der Bewerbung rechtsmissbräuchlich und ein Entschädigungsanspruch unter diesem Gesichtspunkt ausgeschlossen ist." Nicht entschieden sei, "ob auch unabhängig von der Frage der Ernsthaftigkeit der Bewerbung - beispielsweise ab einer bestimmten Anzahl von Klagen oder bei der bekundeten Absicht, noch mehrere hundert Klagen zu erheben - eine Entschädigungsklage rechtsmissbräuchlich" sein könne.
Damit wird ein grundsätzlicher Klärungsbedarf bei der Frage des Rechtsmissbrauchs nicht aufgezeigt. Wann die Geltendmachung eines materiellen oder prozessualen Rechts nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242
BGB) rechtsmissbräuchlich ist, wird in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig fallgruppenbezogen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entschieden (Beschluss vom 30. April 2008 -
BVerwG 6 B 16.08 - juris Rn. 7). Dabei ist es in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass eine Entschädigungsklage eines schwerbehinderten Bewerbers wegen Vorenthaltung des Vorstellungsgesprächs insbesondere wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung rechtsmissbräuchlich sein kann (Urteil vom 3. März 2011 -
BVerwG 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135 (148)). Dies schließt es nicht aus, eine Entschädigungsklage aus anderen Gründen als rechtsmissbräuchlich zu bewerten. Jedoch muss für die rechtsgrundsätzliche Anerkennung weiterer Fallgruppen ein Verhalten dargelegt werden, dass unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als rechtsmissbräuchlich gewertet werden kann. Allein der Umstand, dass jemand ein ihm zustehendes Recht gerichtlich geltend macht, bei mehrfacher Rechtsverletzung eine Vielzahl von Prozessen führt und für den Fall erneuter Rechtsverletzung weitere Klagen ankündigt, kann im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des
Art. 19
Abs. 4
GG nicht als Rechtsmissbrauch angesehen werden.
b) Die Beklagte hält es zweitens für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"unter welchen Voraussetzungen ein Bewerber im Sinne des
§ 82 Satz 3 SGB IX fachlich offensichtlich ungeeignet ist." Es sei "insbesondere zu klären, ob zum Anforderungsprofil auch ungeschriebene Fähigkeiten zählen können wie
z.B. Berufs- und Leitungstauglichkeit, die durch den geforderten Abschluss nicht ohne Weiteres belegt werden."
Auch damit zeigt die Beschwerde keinen fallübersteigenden und im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblichen Klärungsbedarf auf. Es ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt, dass abgesehen von hier nicht entscheidungserheblichen Fallkonstellationen einer aus Rechtsgründen ausgeschlossenen fachlichen Eignung (
vgl. dazu Urteil vom 15. Dezember 2011 -
BVerwG 2 A 13.10 - NVwZ-RR 2012, 320 (Rn. 26)) die Frage einer offensichtlichen fachlichen Ungeeignetheit durch einen Vergleich zwischen dem vom Arbeitgeber aufgestellten Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle und dem Leistungsprofil des Bewerbes zu beantworten ist. Dabei muss der öffentliche Arbeitgeber das fachliche Anforderungsprofil vor Beginn des Auswahlverfahrens dokumentieren, damit die Gründe für seine Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des
Art. 33
Abs. 2
GG überprüft werden kann. Ohne Dokumentation wäre es dem öffentlichen Arbeitgeber ansonsten in nahezu jedem Fall möglich, Eignungsmerkmale nachzuschieben, die das Absehen von der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch rechtfertigen (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O.
S. 142
ff. (Rn. 21
ff.)). Daher kann das Fehlen "ungeschriebener" fachlicher Fähigkeiten weder das Urteil einer offensichtlichen fachlichen Ungeeignetheit begründen noch die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch rechtfertigen. Im Übrigen würde sich auch die Frage einer mangelnden persönlichen Eignung wegen fehlender "Berufs- und Leitungstauglichkeit" im vorliegenden Fall nicht stellen, weil eine diesbezügliche Untauglichkeit des Klägers nach den oben zitierten tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht belegt ist.
c) Die Beklagte kann schließlich auch mit ihrer dritten Grundsatzrüge keinen Erfolg haben. Sie hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"ob ein Kriterium, das im Anforderungsprofil nur als Idealvorstellung und nicht als zwingend genannt ist, den Dokumentationserfordernissen genügt und der öffentliche Arbeitgeber den Voraussetzungen des § 22
AGG genügt, wenn dargelegt wird, dass alle eingeladenen Bewerber diesen Idealvorstellungen entsprachen".
Diese Frage bedarf schon deswegen keiner rechtsgrundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sich ihre Beantwortung teils unmittelbar aus dem Gesetz und teils aus der bisherigen Rechtsprechung ergibt. Wird in einer Stellenausschreibung eine Befähigung nur als wünschenswert beschrieben, dann ist diese Wunschvorstellung zwar ausreichend dokumentiert. Es liegt jedoch auf der Hand, dass das Fehlen einer nicht zwingend vorausgesetzten Befähigung nicht den Schluss rechtfertigt, der Bewerber sei im Sinne von § 82 Satz 3
SGB IX offensichtlich fachlich ungeeignet. Erfüllt der öffentliche Arbeitgeber gleichwohl die Verpflichtung zur Durchführung eines Vorstellungsgesprächs mit dem schwerbehinderten Bewerber nicht, können für den nach § 22
AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung ausschließlich andere Gründe als die Behinderung maßgeblich waren, grundsätzlich nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen (Urteil vom 3. März 2011 a.a.O.
S. 146).
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133
Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47
Abs. 1 und 3, § 52
Abs. 3 GKG.