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Leidensgerechte Beschäftigung

Oftmals geht es bei Beschäftigten mit gesundheitlichen Einschränkungen um den Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einem sogenannten „leidensgerechten Arbeitsplatz“ oder „behinderungsgerechten Arbeitsplatz“. Die Begriffe „leidensgerechte Beschäftigung“, „behinderungsgerechte Beschäftigung“ oder auch „behinderungsgerechte Arbeitsgestaltung“ werden dabei im fachsprachlichen Gebrauch nicht immer ganz trennscharf verwendet, weisen aber streng genommen feine Unterschiede auf hinsichtlich ihres rechtlichen Hintergrundes und ihrer Bedeutung. 

Leidensgerechte Beschäftigung / Leidensgerechter Arbeitsplatz

Anspruch auf Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz haben alle Beschäftigten, die ihre bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Dies gilt also ausdrücklich auch für Beschäftigte ohne einen festgestellten Grad der Behinderung (GdB).

Der Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung ergibt sich aus der allgemein geltenden Fürsorgepflicht der Arbeitgebenden (für alle Beschäftigten) und aus § 164 SGB IX (für Beschäftigte mit Schwerbehinderung). Wichtigstes Ziel ist der Erhalt der Erwerbsfähigkeit und die Wahrung der beruflichen Teilhabe.

Die wichtigsten Arbeitgeberpflichten in Bezug auf Weiterbeschäftigung:

  • Pflicht, zu prüfen, ob eine leidensgerechte Beschäftigung im Unternehmen möglich ist.
  • Keine Verpflichtung, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen – jedoch Pflicht, zu prüfen, ob alternativ ein geeigneter Arbeitsplatz bereits vorhanden und unbesetzt ist oder durch Umbesetzung bzw. Umstrukturierung besetzt werden kann (sofern dies wirtschaftlich und organisatorisch zumutbar ist).
  • Pflicht, ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten, sobald Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen erkrankt sind.
  • Pflicht zu Dokumentation & Nachweis: Arbeitgebende müssen ihre Bemühungen um eine leidensgerechte Beschäftigung dokumentieren, insbesondere im Rahmen des BEM. Dies kann im Streitfall vor Gericht relevant sein.
  • Pflicht, den Kündigungsschutz zu beachten: Eine krankheitsbedingte Kündigung ist allerhöchstens zulässig, wenn keine leidensgerechte Beschäftigung möglich ist und das BEM erfolglos war. Andernfalls kann die Kündigung als sozial ungerechtfertigt gelten.

Diese genannten Pflichten ergeben sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) (§ 241 Abs. 2 BGB; § 618 BGB), dem Arbeitsrecht, dem SGB IX (§ 164 SGB IX), dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie aus der Rechtsprechung.

Einen leidensgerechten Arbeitsplatz beantragen

Beschäftigte, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sind, ihre bisherige Tätigkeit auszuüben, können bei ihrem Arbeitgebenden einen leidensgerechten Arbeitsplatz beantragen.

Die wichtigsten Schritte bei der Antragstellung:

  • Eine Ärztliche Bescheinigung einholen, die möglichst genau beschreibt, welche Tätigkeiten nicht mehr ausgeübt werden können.
  • Den Antrag schriftlich beim Arbeitgebenden stellen mit Hinweis auf die gesundheitlichen Einschränkungen.
    • Im Schreiben um die Prüfung leidensgerechter Einsatzmöglichkeiten bitten.
    • Und wenn die Voraussetzungen vorliegen, um ein BEM-Verfahren bitten oder die Bereitschaft dazu signalisieren.
    • Um eine arbeitsmedizinische Beurteilung durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt bitten.
  • Der Betriebsrat oder – bei anerkannter Schwerbehinderung – die Schwerbehindertenvertretung kann bei der Antragstellung unterstützen und sich für eine leidensgerechte Arbeits(platz)gestaltung einsetzen.

Behinderungsgerechte Beschäftigung

Im Gegensatz zur leidensgerechten Beschäftigung haben ausschließlich schwerbehinderte Menschen (mit einem GdB von mindestens 50) und gleichgestellte behinderte Menschen (mit einem GdB von 30 oder 40) Anspruch auf eine behinderungsgerechte Beschäftigung oder Weiterbeschäftigung nach § 164 Absatz 4 SGB IX.

Hinweis: Auch die etwas enger eingegrenzte behinderungsgerechte Beschäftigung wird in der Rechtsprechung und in sozialmedizinischen Fachbeiträgen oftmals unter der Bezeichnung „leidensgerechte Beschäftigung“ besprochen.

Behinderungsgerechte Arbeitsgestaltung im Rahmen der behinderungsgerechten Beschäftigung

Die behinderungsgerechte Beschäftigung umfasst unter anderem auch die behinderungsgerechte behinderungsgerechte Arbeits(platz)gestaltung. Bei dieser liegt der Fokus auf der Gestaltung der Arbeitsbedingungen in Bezug auf Arbeitsplatz, Arbeitsorganisation und Arbeitsumgebung zur Ausübung einer bestimmten Arbeitsaufgabe im Rahmen einer Beschäftigung. Dazu müssen diese so gestaltet sein, dass sie den Bedürfnissen durch Anpassung an die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Menschen mit Behinderung entsprechen. Dabei können beispielsweise auch qualifizierende oder trainierende Maßnahmen zum Einsatz kommen, um die Fähigkeiten und Fertigkeiten des Menschen mit Behinderung zur Ausführung der Arbeitsaufgabe zu unterstützen oder zu verbessern.

(ml) 2025