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Urteil
Reisekostenersatz der Schwerbehindertenvertretung für Fahrten zwischen häuslichem Telearbeitsplatz und Dienststelle

Gericht:

VG Regensburg 8. Kammer


Aktenzeichen:

RN 8 K 10.346 | RN 8 K 10/346


Urteil vom:

01.04.2010


Grundlage:

  • RKG BY Art 2 Abs. 2 u. 4 |
  • RKG BY Art 24

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Reisekosten für Fahrten zwischen seinem häuslichen Telearbeitsplatz und seiner Dienststelle.

Der Kläger steht als Beamter im Dienst des Beklagten und ist als Betriebsprüfer beim Finanzamt Landshut eingesetzt. Seit 1. Dezember 2008 verfügt er über einen mobilen Telearbeitsplatz in seiner Wohnung. Die maßgebliche Dienstanweisung für mobile Telearbeit vom 8. Oktober 2008 trifft hierzu u.a. folgende Regelungen: "Abweichend von § 7 Arbeitszeitverordnung (AzV) können Sie im Rahmen der Erprobung eines neuen Arbeitszeitmodells (§ 8 a AzV) ihre Arbeitszeit sowohl an dem von Ihnen bereitgestellten häuslichen Arbeitsplatz, als auch im Finanzamt Landshut einbringen. Der Dienst soll in der Regel innerhalb von zwei Wochen mindestens an einem Tag nach Absprache mit dem Sachgebietsleiter im Amt geleistet werden. Auf eine Zeiterfassung wird verzichtet. Die Fahrten zwischen dem häuslichen Arbeitsplatz und der Dienststelle in Landshut sind Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte und werden nicht erstattet. ... ". Zugleich ist der Kläger Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen (nachfolgend: Vertrauensperson) beim Finanzamt Landshut.

Mit Anträgen vom 25. März 2009 und vom 12. Juni 2009 machte der Kläger Reisekosten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Dienststelle in Landshut geltend, welche ausschließlich im Zusammenhang mit der Erfüllung der Aufgaben als Vertrauensperson angefallen seien. Das Landesamt für Finanzen, Dienststelle Regensburg, lehnte die Anträge mit Bescheiden vom 8. April 2009 und vom 13. August 2009 ab. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies das Landesamt für Finanzen, Bearbeitungsstelle Weiden, mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2010 zurück. Vertrauenspersonen hätten nach Abschnitt XIV Nr. 3.10 der Fürsorgerichtlinien 2005 Anspruch auf Reisekostenvergütung "in entsprechender Anwendung des bayerischen Reisekostengesetzes (BayRKG)". Dieses regele die Erstattung von Auslagen bei Dienstreisen und Dienstgängen (Art. 1 Abs. 1 BayRKG). Dabei komme die Gewährung einer Reisekostenvergütung nur anlässlich von Fahrten zur Erledigung von Dienstgeschäften außerhalb der Dienststelle in Betracht (Art. 2 Abs. 2 und 4 BayRKG). Fahrten an die Dienststelle seien hiervon nicht erfasst. Bei Beschäftigten mit Telearbeitsplätzen gelte der Sitz der zuständigen Dienststelle als Dienstort (Nr. 2.2 Satz 3 VV-BayRKG). Fahrten an die Dienststelle stellten daher auch für Telearbeiter Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte dar und seien kein erstattungsfähiger Mehraufwand im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayRKG. Eine Erstattung der Fahrten nach Art. 24 Abs. 4 BayRKG komme ebenfalls nicht in Betracht. Voraussetzung hierfür wäre, dass die Dienststätte aus einem besonderen dienstlichen Anlass, der über den regelmäßigen Aufgabenbereich hinausgehe, zusätzlich aufgesucht werden müsse. Die Teilnahme an Besprechungen und die Wahrnehmung von Aufgaben in Bezug auf die Belange schwerbehinderter Menschen - insbesondere im Rahmen der allgemeinen Dienstzeiten - gehörten aber gerade zu den üblichen Obliegenheiten einer Vertrauensperson.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 1. März 2010 hat der Kläger vorliegende Klage erheben lassen. Der Beklagte verkenne, dass der Dienstort des Klägers an dessen Telearbeitsplatz liege und dementsprechend der häusliche Arbeitsplatz den Ausgangspunkt der Dienstreise darstelle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 24.4.2008 Az. 2 C 14/2007) sei grundsätzlich derjenige Ort als Dienststätte anzusehen, an dem der Dienstreisende regelmäßig seinen Dienst zu versehen habe. Abschnitt XIV Nr. 3.10 der Fürsorgerichtlinien stelle lediglich eine Rechtsfolgenverweisung dar, durch die die Höhe der jeweiligen Reisekostenerstattung bestimmt werde. Die vorgenommene Begrenzung für Fahrten in der Funktion als Vertrauensperson sei weder aus der Verweisung der Fürsorgerichtlinien auf das BayRKG herzuleiten noch mit der Aufgabe einer Vertrauensperson vereinbar. Dies belege auch der Umstand, dass eine Fahrt der Vertrauensperson, die nicht auf einem häuslichen Arbeitsplatz eingesetzt sei, mit dem Ziel, im Rahmen der Aufgabenerfüllung einen schwerbehinderten Menschen an dessen häuslichem Arbeitsplatz aufzusuchen, auch nach der Rechtsauffassung des Beklagten zu einem Reisekostenanspruch der Vertrauensperson führen müsste. Die derzeitige Handhabung stelle eine Benachteiligung der Vertrauenspersonen dar. Bei der Gewährung von Telearbeit handele es sich nicht ausschließlich um eine Wohltat, die dem Beamten zu Teil werde, vielmehr verfolge der Dienstherr damit auch die Zielsetzung eigene Vorhaltekosten zu senken. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger auch ein "fester" Arbeitsplatz zur Erfüllung seiner Aufgaben als Vertrauensperson in der Dienststelle verwehrt worden.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Landesamts für Finanzen vom 8. April 2009 und vom 13. August 2009 sowie dessen Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2010 zu verurteilen, an den Kläger 192,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend zu den Gründen des Widerspruchsbescheids sei auszuführen (vgl. Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 15.3.2010), dass Reisen der Vertrauensperson keine Dienstreisen im Sinn des Art. 2 Abs. 2 BayRKG seien. Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung beschreibe § 95 SGB IX. Daraus werde deutlich, dass die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung in erster Linie und zum weitaus überwiegenden Teil nur an der Dienststelle zu erfüllen seien. Von dieser Warte aus gesehen, spiele es keine Rolle, ob der Kläger Telearbeiter sei oder nicht. Die Telearbeit und der Standort des Telearbeitsplatzes beträfen nur die Aufgaben des Klägers in seiner Eigenschaft als Betriebsprüfer. "Arbeitsplatz" des Klägers in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson sei die Dienststelle. Dass dem Kläger kein "fester" Arbeitsplatz zur Erfüllung seiner Aufgaben als Vertrauensperson im Finanzamt Landshut gewährt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Gemäß § 96 Abs. 9 SGB IX stünden die Räume und der Geschäftsbedarf, die das Finanzamt Landshut dem Personalrat für dessen Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung zur Verfügung stelle, für die gleichen Zwecke auch der Schwerbehindertenvertretung zur Verfügung. Auch dies belege, dass Arbeitsplatz des Klägers in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson das Finanzamt Landshut sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO), eine Zustimmung ist nicht erforderlich.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die erstrebten Reisekosten. Die Bescheide des Landesamts für Finanzen vom 8. April 2009 und vom 13. August 2009 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gemäß § 117 Abs. 5 VwGO verweist das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids vom 15. Januar 2010 sowie auf die ergänzenden Ausführungen in der Klageerwiderung vom 15. März 2010 und sieht von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Daneben ist noch anzumerken:

Der Kläger ist gemäß der Dienstanweisung für mobile Telearbeit vom 8. Oktober 2008 durch die Einrichtung eines häuslichen Telearbeitsplatzes nicht vollständig aus der Dienststelle (Finanzamt Landshut) ausgegliedert worden. Vielmehr bietet der häusliche Telearbeitsplatz eine gleichwertige Alternative zum Arbeitsplatz in der Dienststelle (vgl. Wortlaut " ... können Sie... ihre Arbeitszeit sowohl an dem von Ihnen bereitgestellten häuslichen Arbeitsplatz, als auch im Finanzamt Landshut einbringen."). Ausdrücklich ist auch geregelt, dass Fahrten zwischen dem häuslichen Arbeitsplatz und der Dienststelle in Landshut Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte sind und nicht erstattet werden. Der Kläger kann auch nichts zu seinen Gunsten aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 24.4.2008 Az. 2 C 14/2007) herleiten. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich ausdrücklich darauf abgestellt, dass Wegstrecke einer Dienstreise die Strecke zwischen dem Ort, an dem der Ausgangs- und Endpunkt der Reise liegt, und dem Geschäftsort sei. Dieser sei gesetzlich als der Ort bestimmt, an dem das auswärtige Dienstgeschäft zu erledigen sei. Werde der Ausgangs- und Endpunkt im Einzelfall nicht durch Weisung festgelegt, so sei der Beamte berechtigt, die Dienstreise an der Wohnung anzutreten und zu beenden, wenn dadurch keine dienstlichen Belange beeinträchtigt würden. Dies sei der Fall, wenn er am Reisetag nicht zur Anwesenheit in der Dienststelle verpflichtet sei und dort keine Dienstpflichten zu erfüllen habe. Der Beamte brauche die Dienststelle nicht ausschließlich aus reisekostenrechtlichen Gründen aufzusuchen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger demgegenüber an den streitgegenständlichen Tagen aber gerade Aufgaben - als Vertrauensperson - in der Dienststelle in Landshut wahrgenommen. Die Wahrnehmung von Dienstaufgaben in der Dienststelle ist der Normalfall und löst gerade keine reisekostenrechtlichen Ansprüche aus. Dies gilt auch für die Wahrnehmung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung. Mit der Dienstanweisung für mobile Telearbeit vom 8. Oktober 2008 liegt auch eine im Einzelfall maßgebliche Weisung vor, aus der im Umkehrschluss folgt, dass sich der häusliche Telearbeitsplatz nicht auf die Tätigkeit als Vertrauensperson bezieht. Dies gilt unabhängig davon, ob der zum Dienst verpflichtete Beamte bzw. die Vertrauensperson selbst schwerbehindert ist oder nicht. Soweit der Kläger meint, Fahrten in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson an den häuslichen Arbeitsplatz eines anderen Schwerbehinderten würden erstattet, ergibt sich daraus keinesfalls, dass er selbst Reisekosten für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Dienststelle verlangen könnte, wenn er an der Dienststelle Aufgaben (gleich welcher Art) wahrzunehmen hat.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Referenznummer:

R/R5675


Informationsstand: 28.08.2013