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Episode 1 – Thema: Barrierefreiheit im Arbeitsleben

Im ersten REHADAT-Podcast sprechen Rufus Witt und Peter van Haasteren über Barrierefreiheit im Arbeitsleben.

Transkription

Intro: Gemeinsam Barrieren abbauen. Hallo und willkommen zur neuen Ausgabe von „Teilhabe und Inklusion“ – der REHADAT-Podcast. Mein Name ist Rufus Witt und ich spreche mit Betroffenen, Beratungsstellen und Arbeitgebenden über die Barrieren des täglichen Lebens.

Rufus Witt: Hallo zusammen, willkommen zur ersten Episode unseres neuen Podcasts: „Teilhabe und Inklusion“. Wir werden heute über das Themas berufliche Teilhabe, Barrierefreiheit als eine wichtige Voraussetzung, sprechen. Es werden solche Fragen aufgeworfen wie: Was ist überhaupt Barrierefreiheit? Inwieweit funktioniert sie schon in unserer Gesellschaft, im Arbeitsleben? Wo hapert es noch? Welche Voraussetzungen müssen noch geschaffen werden? Und heute habe ich mir mit meinem Kollegen Peter van Haasteren eingeladen. Hallo Peter!

Peter van Haasteren: Hallo Rufus, danke für die Einladung!

Rufus: Sehr gerne. Ja Peter, was gibt es zu dir zu erzählen?

Peter: Ja, auch ich arbeite schon viele Jahre bei REHADAT und bin hier schwerpunktmäßig als Referent für den Bereich „Gute Praxis” zuständig. In diesem Zusammenhang betreue ich auch ein entsprechendes Portal. Dort dokumentieren wir Best-Practice, also Best-Practice zur beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt. In diesem Zusammenhang stehe ich im Kontakt mit Unternehmen, mit beratenden Institutionen und auch mit Interessenvertretungen zum Beispiel mit der Schwerbehindertenvertretung. Von denen genannten Personen und Einrichtungen erhalten wir diese Praxisbespiele, die ich dann dokumentiere. Das zu dem. Das zu meinem Arbeitsablauf, was ich so mache. Vom Beruf, von meinem eigentlichen Werdegang bin ich Ingenieur und Arbeitswissenschaftler und befasse mich schon seit meinem Studium schwerpunktmäßig mit der Thematik Arbeitsgestaltung für Menschen mit Behinderung wozu natürlich Barrierefreiheit einen sehr, sehr großen Beitrag leisten kann. Jetzt hab‘ ich relativ viel über meine Person erzählt und ich find‘ gerade was dich betrifft interessant, dich als Menschen mit einer Behinderung und wie bei dir die berufliche Teilhabe funktioniert. Und gerade dein Werdegang zeigt, dass das nicht so immer linear läuft. Also da gibt es einige Stolpersteine, aber es zeigt auch, also dein Werdegang zeigt auch, wie jetzt bestimmte Aspekte zum Beispiel die Barrierefreiheit einem helfen können doch dann auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Erzähl doch einfach mal, Rufus!

Rufus: Ja, also ich bin eben seit meiner Geburt vollblind. Immer schon hundert Prozent schwerbehindert gewesen. Konnte das also, alles was damit verbunden ist, recht früh erlernen. Nach meinem Abitur war es bisschen schwer für mich einen richtigen Ausbildungsplatz zu finden, vor allem gab es damals auch keine inklusiven Ausbildungsplätze bei einem ganz herkömmlichen Arbeitgeber und bin dann auf eine Spezialausbildung gestoßen für Blinde zum Medieninformationsfachangestellten. Die habe ich dann absolviert. Es war auch während der Zeit schon wichtig diese Hilfsmittel für Blinde zu haben, um auch mit Computern umgehen zu können. Die sogenannte Bildschirmüberbrückungssoftware, die mir alle Bildschirminhalte, die textbasiert sind, ausgibt. Den sogenannten Screenreader. Und dazu auch die Braillezeile, mit der ich alles erfühlen kann in Blindenschrift, was auf dem Bildschirm als Text ausgegeben wird. Ja, das Thema digitale Barrierefreiheit hat mich damals schon interessiert während der Ausbildung. Das waren damals die Pionierjahre, wo das erstmal entwickelt wurde. Sehr wichtige Standards wurden damals geschaffen. Es war kein Ausbildungsbestandteil, aber ich fand’s immer spannend. Hab‘ mich auch versucht durch Praktika zu spezialisieren. Ich war nach meiner Ausbildungszeit sehr lange arbeitssuchend und hatte dann das Glück auf einem behindertenpolitischen Kongress in Berlin die Projektleiterin von REHADAT, die ehemalige Leiterin, zu treffen. Hab‘ ihr erzählt, dass ich auf Jobsuche bin. Sie gab mir dann so ein Signal: „Gute Leute können wir immer gebrauchen!“. Ich hab’ mich daraufhin einfach initiativ beworben und es kam dann auch zu einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch und zur Einstellung.

Peter: Deine Beschreibungen finde ich recht interessant und die spiegeln auch wider, wie es in der Gesellschaft ist. Also viele Menschen mit einer schweren Behinderung sind trotz guter Qualifikation vermehrt arbeitssuchend und das ist interessant, weil laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit sind eigentlich Menschen mit Behinderung besser qualifiziert. Also das widerspricht sich ja eigentlich, ne?

Rufus: Mhh, da fragt man sich irgendwann auch, woran liegt denn das? Es ist ganz oft die Rede von: Wir suchen dringend Personal, von Fachkräftemangel. Und woran liegt das dann, dass man nicht zueinander findet?

Peter: Ja, das finde ich auch. Das liegt aber auch zum größten Anteil eigentlich an den klassischen Sachen, das eigentlich Informationen nicht bekannt sind oder Erfahrungen nicht vorhanden sind in Bezug auf die barrierefreie Gestaltung von Arbeitsbedingungen für Menschen mit Behinderung, die je nach Fall eigentlich wichtig sein können. Dieser Mangel an Wissen und Erfahrung betrifft dabei vermehrt kleinere und mittelständische Unternehmen. Großkonzerne haben oder verfügen über entsprechende Personen und Einrichtungen. Das sind zum Beispiel Inklusionsbeauftragte, die Schwerbehindertenvertretung, Disability Manager, aber auch spezielle Fachdienste wie zum Beispiel der ergonomische Fachdienst oder ein sozialpsychologischer Fachdienst und so weiter. Das ist alles intern. Und extern haben sie sogar Leute eingebunden in ihr Netzwerk. Dazu gehören dann Rehaträger, Integrationsfachdienste, aber auch der technische Beratungsdienst. Das heißt sie sind eigentlich sehr gut aufgestellt.

Rufus: Mhh, das ist insofern auch wichtig – einen Punkt darf man dabei nämlich auch nicht vergessen – dass auch viele Menschen im Laufe ihres Lebens eine Behinderung erwerben können und nicht erst, wie man immer denkt, im hohen Rentenalter. Nach dem Motto dann wird man älter, dann können Probleme auftreten. Nein, es geht auch vielen so im Laufe ihres Arbeitslebens und auch die müssen dann ja unterstützt werden und dass man schaut und dafür sorgt, dass die auch im Betrieb bleiben können, wo sie auch schon vorher als nicht Behinderte gearbeitet haben.

Peter: Jaja Rufus, sehr wichtiger Aspekt! Gut, dass du es ansprichst. Ich hätte es beinahe vergessen und will das voll unterstreichen und in diesem Zusammenhang sollte man dran denken, dass Unternehmen sich vorab präventiv mit der Situation auseinandersetzen sollten. Das heißt also Arbeitsbedingungen bereits jetzt und nicht erst in der Zukunft barrierefrei zu gestalten, weil die Bedingungen werden auch nicht besser. Zumal ja auch die Belegschaft in Betrieben, du sagtest ja älter werden, Schwerbehinderung, auch damit älter wird. Und auf dem Arbeitsmarkt werden immer weniger Bewerberinnen und Bewerber zur Verfügung stehen. Das bedeutet auch weiter eine Verstärkung des Fachkräftemangels. Barrierefreiheit kann da helfen. Man kann also als Unternehmen, aber auch als betroffene Person die Vorteile durch Barrierefreiheit nutzen. Weitere Beispiele wären, indem man die Arbeitsbedingungen belastungsarmer gestaltet für die Beschäftigten. Das sind dann nicht nur immer Leute mit Schwerbehinderung, das sind dann auch Leute, die mit Krankheiten Beeinträchtigungen haben, aber auch die älteren Menschen in Unternehmen. Im Prinzip gilt das eigentlich für alles. Aber Barrierefreiheit kann auch dafür sorgen, dass die Sicherheit unterstützt wird und der Gesundheitszustand beibehalten oder gefördert und sozusagen die Arbeitsfähigkeit für das Unternehmen über einen längeren Zeitraum gesichert wird. Außerdem kann man sich einen größeren Kreis von dienstleistenden Unternehmen erschließen, weil auch dort wird die Belegschaft älter und die müssen ja auch dann, wenn sie beim Kunden arbeiten, also bei meinem Unternehmen arbeiten würden, entsprechende Arbeitsbedingungen vorfinden, damit sie das machen können. Nichtsdestotrotz, was ja auch wichtig ist, haben wir ja auch die Kundschaft, also das Ziel eines jeden Unternehmens ist es ja Gewinne zu erwirtschaften und das funktioniert über die Kundschaft. Also kann ich ja schauen, dass ich Kundschaft behalte und in Kundschaft investiere, indem ich sage, ich mache das durch Barrierefreiheit und der wichtige Aspekt eigentlich zum Schluss und das bedeutet nicht, dass ist das letzte Argument, sondern es ist eigentlich das Wichtigste für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Da geht’s nämlich darum die Barrierefreiheit ist ein wichtiger Grundpfeiler, das zu unterstützen.

Rufus: Mhh, ganz richtig.

Peter: Ja jetzt habe ich so ein bisschen oder wir beide sind ein bisschen abgekommen vom eigentlichen Thema. Wollen wir es doch wieder ein bisschen interessanter machen, nämlich zurück zu deinem Fall. Stehen geblieben waren wir oder dein Fall oder wie du halt arbeitest, waren wir eigentlich, dass du sagtest dann hat’s geklappt, dann habe ich bei euch angefangen, hier bei REHADAT. Kannst du mal deinen Arbeitsalltag beschreiben? Wie kann man sich das vorstellen?

Rufus: Tja durch die Pandemiezeit bin ich natürlich fast ausschließlich im Homeoffice zurzeit wieder mal, was aber auch gut funktioniert. Wenn sich mal wieder ändern sollten die Zeiten, dann wird’s mir wichtig sein, sowohl Kontakt zu den Kollegen zu haben, also regelmäßig ins Büro zu kommen, als auch mehrere Tage in der Woche zu haben, wo ich gerne im Homeoffice arbeiten möchte.

Peter: Du sagtest jetzt Homeoffice und du sagtest später dann auch ins Büro, aber fangen wir mal an. Wie sieht das eigentlich aus mit deinem Arbeitsweg, so morgens, wenn du dann loslegst und dann ins Büro gehst. Wie kann man sich das vorstellen?

Rufus: Ja, also wenn ich das Haus verlasse…

Peter: Ach Rufus, einmal noch ganz wichtig natürlich, der Podcast was ist mit der Thematik Barrierefreiheit? Kannst du da beschreiben, was dich da bezüglich Barrierefreiheit unterstützt, was hilft dir dabei?

Rufus: Das wichtigste Hilfsmittel ist, um mich überhaupt im Straßenverkehr zu bewegen, ist der sogenannte Blindenlangstock. Hat jeder bestimmt schon mal gesehen mittlerweile. Ohne den würde ich schon lange nicht mehr leben. Sobald ich aus dem Haus gehe, brauche ich den Stock, um mich zu orientieren, alles zu ertasten. Der Stock würde mir halt anzeigen, ohh da ist die Bushaltestelle, ich stoße mit der Stockspitze ans Bushäuschen. Da ist die Haltestelle. Was aber auch helfen kann, das sind sogenannte Bodenindikatoren, Rillenplatten auf dem Boden, die mir auch anzeigen können, hier ist der spezielle Ort, wo die Bushaltestelle sich jetzt halt befindet. Ich warte dann auf den Bus. Der Bus kommt hoffentlich pünktlich (gemeinsames lachen). Sollte er mal nicht pünktlich kommen, was öfter im ÖPNV passieren kann, dann könnt’ ich mein Smartphone einschalten, auch dort gibt es eine sogenannte Screenreader-Brückensoftware, die nennt sich in meinem Fall Voiceover. Könnt‘ ich halt einfach diese typische App aufmachen für den Nahverkehr und würde dann sehen, oh der Bus kommt vielleicht zehn Minuten später oder sehe den Grund, warum er zu spät ist, und dann weiß ich eben, ob er wirklich kommt und wann er kommen wird. Sehr wichtige Info. Im Bus selber gibt’s ja meist automatisierte Haltestellenansagen. Wenn nicht, kann ich auch den Busfahrer fragen. Wenn ich dann aussteige an der Endhaltestelle am Ziel wiederum für barrierefreie Wege entweder Bodenindikatoren, die mir den Weg weisen, wo ist eine Straßenüberquerung, ein Zebrastreifen oder eine Ampel. Manche Ampeln haben auch akustische Signale, wo ich dann hören kann, wo befindet sich der Mast, in welche Richtung muss ich dann laufen, wann ist grün und rot. Dann komm‘ ich hier im Büro an. Es gibt einen ebenerdigen barrierefreien Eingang. Der Fahrstuhl hat zum Glück auch haptische Tasten, noch kein Touchscreen. Ich kann noch reliefartig an den Zahlen fühlen, welchen Knopf muss ich drücken für das richtige Stockwerk. Wenn ich aussteige, hör‘ ich sogar noch eine Ansage, ich bin im zweiten Stock angekommen. Sehr schön! Dann wichtig im Büro nach dem Aussteigen, natürlich immer im Büro, möglichst alle Gehwege immer freihalten. Nicht, wenn da irgendwelche Möbel im Weg stehen oder Pakete. Das ist nicht nur für mich wichtig, sondern Barrierefreiheit muss ja für alle gelten. Egal ob mit oder ohne Behinderung, freie Wege, wenn man sich gerade nicht so sehr konzentriert auf den Weg. Es immer wichtig die Wege freizuhalten, dass keine Unfälle passieren.

Peter: Ja, sehr wichtig, Rufus, dass du das nochmal betonst. Hier hilft Barrierefreiheit allen. Da gab’s sogar mal eine Kampagne der Berufsgenossenschaft „Stolpern“. Das zu dem. Respekt! Und es hilft uns allen. In deiner Beschreibung zum Arbeitsplatz: Also du bist im Büro angekommen und ja, ich kenne ja deinen Arbeitsplatz. Hast du erzählt. Wir arbeiten ja schon jahrelang zusammen und früher auch im Büro und was machst du eigentlich so an deinem Büroarbeitsplatz? Kannst du das mal beschreiben? Vorab möchte ich sagen, ich kenne ja den Arbeitsplatz ja auch und wenn ich unterwegs bin auf Dienstreisen, also in Unternehmen oder in Bildungseinrichtungen, dann erzähle ich ganz gerne von deinem Arbeitsplatz und beschreib’ auch, was alles möglich ist, wenn entsprechende Technologien, Barrierefreiheit und auch die Qualifizierung zusammenpasst. Zu Beginn können das  die Leute nicht glauben, weil sie meinen, wie kann das funktionieren, dass ein blinder Mensch an einem Computer arbeiten kann, aber hinterher sind sie begeistert. Vielleicht kannst du auch uns begeistern. Versuch doch mal!

Rufus: Ja, gerne! Das Betriebssystem muss natürlich von Anfang an barrierefrei konzipiert sein, dass die Brückensoftware der Screenreader darauf zugreifen kann. Sowohl das Betriebssystem als auch die Standardsoftwareanwendung, die ich verwende. In meinem Fall ist es jetzt auch so, wenn der Rechner hochgefahren ist. Wichtig ist in dem Fall, dass alles mit Tastatur bedienbar ist, und nicht mit der Maus, weil ich mit der Maus ja überhaupt nicht arbeiten kann, aber per Tastatur kann ich sowohl alle wichtigen Texte, alles was textbasiert ist, kann ich auslesen und ich kann eben navigieren und alle wichtigen Schaltflächen und Symbole erfassen und weiß, wo ich mich gerade befinde auf dem Bildschirm. Das ist wichtig und mit der Braillezeile wird es mir noch taktil ausgegeben in Blindenschrift.

Peter: Ja, aber du arbeitest ja nicht nur… wir hatten ja mal zu Beginn gesprochen, du sagtest coronabedingt, Homeoffice, aber auch später wirst du sozusagen alternierend arbeiten und das heißt, du bist eigentlich auch im Homeoffice aktiv. Wie sieht denn dein Arbeitsplatz im Homeoffice aus?

Rufus: Eigentlich ganz genauso. Auch dort bin ich mit Hilfsmitteln ausgestattet worden, auch mit der Braillezeile. Natürlich in dem Fall einem Notebook, aber das spielt ja keine Rolle. Es ist ja das gleiche System, was da drauf ist. Auch mit dem Screenreader. Das Einzige was ich zuhause nicht habe, ist der Bildschirm. Wichtig ist, wenn wir Konferenzen abhalten, Onlinekonferenzen, dass ich dort auch mit den kollaborativen Softwaresystemen, die es dafür gibt, genauso teilhaben kann. Ich könnte mich von einem Rechner zum anderen Rechner mit dir in einer Besprechung unterhalten. Ich könnte beim Chat mitlesen, mitschreiben und all diese Dinge, die da wichtig sind. Was mir zuhause fehlt, ist der Bildschirm, da macht es auch keinen Sinn, weil es dort auch keinen sehenden Kollegen oder Kollegin gibt, die noch mit mir da sitzen würden. Im Büro ist es aber umso wichtiger, wenn ich zum Beispiel  Barrierefreiheitstests mache, irgendeine Anwendung testen, dann muss ja auch der Sehende sehen, wo ich mich gerade befinde; ich muss die Fehler aufzeigen können. Insofern da ist gemeinsames Arbeiten wichtig. Wenn ich im Büro keinen Bildschirm hätte, wäre das quasi eine Barriere für nicht Behinderte, kann man es fast so nennen.

Peter: Genau, wir wären dann benachteiligt. Und ich kann auch nur sagen, wie der Rufus das macht. Der lässt sich dann über die Braillezeile das sozusagen taktil ausgeben, sodass er das mit den Fingern ertastet. Aber was ich erstaunlich finde, man kann das auch über die Sprache ausgeben lassen, wie schnell du das hörst. Also ich verstehe da nur Bahnhof.

Rufus: Ja, das gewöhnt man sich mit der Zeit so an. Genau!

Peter: Aber neben dem Homeoffice, ich weiß ja auch, dass du auch privat mobil bist. Du fährst ja dann auch in den Urlaub nach Tirol. Du hast also keine Ängste dich als Mensch mit Behinderung mit sozusagen auch einer Mobilitätseinschränkungen durch die Sinneseinschränkung zu bewegen. Deshalb bist du auch bei uns nicht abgeneigt, wenn’s um Dienstreisen geht, da hast du auch kein Problem mit. Klappt das denn alles auch ohne weiteres so auf Dienstreisen? Weil auf dem Arbeitsweg und im Büro ist ja alles okay, hast du gesagt.

Rufus: Ja, es kostet dann schon einiges an intensiver Zeit und Energie zur Vorbereitung, weil ich erstmal natürlich... ich könnte nicht ohne die Vorbereitung wissen, eine Route von der Zielhaltestelle zum Dienstort. Wo überrascht mich vielleicht eine sechsspurige Ampel? Wann genau muss ich irgendwo abbiegen, wie viel Meter Präzision? Wo ist der Hauseingang vom Dienstort oder vielleicht vom Hotel? Das sind alles Dinge, die kann ich in dieser Detailtiefe, in der ich sie brauche, vorab nicht recherchieren, weil es dafür gar keine guten Beschreibungen oder Software oder hinterlegte Beschreibungen gibt. Ebenso gibt’s ja auch über den Ort, wenn ich dann da irgendwo hinreise – eine Messehalle oder ein Vortragsraum – da weiß ich auch nicht genau, wo ist dieser Raum, in dem Gebäude. Wie muss ich dahin gehen, wie viele Meter, wie viele Schritte, wann muss ich abbiegen, wo kommen vielleicht Treppenstufen? Auch da gibt es vorab keine Informationen. Wenn ich vor Ort bin, ist es genauso. Es gibt einerseits die Navigation im Straßenverkehr, gibt’s keine App, die mir das völlig präzise, Meter genau ansagt, wo ich abbiegen müsste, was mich für Hindernisse noch erwarten könnten und auch im Indoor-Bereich wäre es genauso. Wenn man eine gute Indoor-Navigation hätte, wo ich durch das Gebäude gelotst werde mit allen Dingen, die für mich wichtig sind, mit allen Merkmalen. Das fehlt. Genauso könnte man ein haptisches Leitsystem auf dem Boden anbringen oder mit Braille beschrifteten Schildern in Blindenschrift. Wenn das alles da wäre, wäre es für mich um einiges einfacher.

Peter: aha, ich entnehme also es ist technisch machbar, aber es gibt noch Sachen, da haperts einfach. Da sind wir in dem öffentlichen Raum noch nicht so weit. Und das grenzt dich dann wieder aus durch Barrieren.

Rufus: Ja, genau.
Aber ich hoffe ja, es gibt ja jetzt gesetzlich einige Änderungen, da ist das ja auf den Weg gebracht, dass das in der Zukunft besser sein wird. Potenzial ist da. Nennen wir es mal so. Aber festhalten kann man eigentlich: Das sowas eigentlich Menschen – also nicht vorhanden sein von Barrierefreiheit – in dem Moment überhaupt erst einen Menschen zu einem Menschen mit Behinderung macht, weil wenn du dich selbst frei bewegen kannst und niemand dir helfen muss, dann funktioniert’s ja auch an sich. Aus deinen Beschreibungen, Rufus, zum Arbeitsweg und Arbeitsplatz, also deinem Umfeld, also Verkehrsmittel, Gebäude, Wege, die Arbeitsmittel am Arbeitsplatz und Informationen. Da fällt mir auf, dass das eigentlich so gestaltet ist, dass du das alles machen kannst, also auffinden kannst, machen kannst, Zugriff draufhast, es benutzen kannst, ohne fremde Hilfe. Und das ist eigentlich klassisch was Barrierefreiheit eigentlich fordert. Da gibt’s noch eine kleine Ergänzung. Das gilt nicht nur für eine kleine Gruppe. Das gilt nicht nur für Sehbeeinträchtigte. Das gilt für alle. Also auch Personen mit motorischen Beeinträchtigungen oder auch Personen mit Hörbeeinträchtigung oder Personen mit kognitiven Einschränkungen, die dann einfach Texte vereinfacht dargestellt haben müssen zum Beispiel in leichter Sprache. Und das möchte eigentlich Barrierefreiheit. Diese Personen alle miteinbeziehen durch ein universelles Design. Interessant ist auch, dass diese Barrierefreiheit, du hast ja mal erzählt, so hier Bodenindikatoren und so ein Zeug, also früher hat man viel mehr an so bauliche Sachen gedacht in der Technik, aber mit zunehmender Digitalisierung wird ja der Bereich Information und Kommunikation auch wichtig, gerade du, du arbeitest ja nur mit Informationen, du kommunizierst ja ständig und das bedeutet auch, das Barrierefreiheit sich verändern musste und das ist auch in Barrierefreiheit so aufgenommen, ein wichtiger Teil gerade durch die zunehmende Digitalisierung und durch die immens verändernde Arbeitswelt. Ich denke da nur an die Industrie 4.0.

Rufus: Mhh, dazu muss man auch noch sagen, gerade wenn’s um Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung geht, dass dieser Umsetzungsweg nicht immer von vornherein glatt läuft. Es ist machbar, aber es ist nicht so, dass man von Vornherein wüsste, was zu tun ist.

Peter: Ja, bei dir gab’s ja auch kleine Hürden, aber es ist so wie immer in der Arbeitswelt, das ist eigentlich tägliches Brot in den Unternehmen. Auch wenn hier neues Produkt erzeugt oder hergestellt wird, gibt’s Herausforderungen. Also Herausforderungen haben nicht immer damit zu tun, ob man Menschen mit Behinderung einstellt oder beschäftigt, aber man hat halt gelernt, sich den Herausforderungen gemeinsam zu stellen, also Unternehmen und Belegschaft, und findet dafür Lösungen. So ist es ja auch mit der Barrierefreiheit. Und du hast ja viele Lösungen aufgezeigt: Leitsysteme, Orientierungssysteme, Indoor-Navigation, unterstützende Technologien wie die Braillezeile. Es gibt viele, viele Ansätze und wir haben nur ein kleines Spektrum hier aufgezeigt, ne?

Rufus: Ja, richtig, ja. Und zum Glück werden ja auch sowohl Unternehmen als auch Betroffene bei der Vorbereitung nicht alleine gelassen.

Peter: Ja, war glaube ich bei dir genauso, oder? Bei dir waren ja auch einige mit im Boot. Der IFD – der Integrationsfachdienst, der technische Beratungsdienst, also das sind alles Einrichtungen, die man sozusagen kontaktieren kann, die Betroffene und Unternehmen unterstützen, und zwar auch kostenlos. Wenn’s dann um Lösungen geht, also da muss was gemacht werden, kann man auch Fördermittel beantragen. Bei dir waren es zum Beispiel… Was war das nochmal, Rufus?

Rufus: Ja, also zum Beispiel Fördermittel für meine Hilfsmittel. Dass die finanziert werden. Da geht’s auch schon um höhere Summen, sage ich mal, ja.

Peter: Ja, das ist eigentlich das Wesentlichste. Also deine Braillezeile, sagen wir mal und dein Screenreader als sogenannte Brückentechnologie.

Rufus: Oder so ein Drucker, einen Brailledrucker, den gab’s auch noch. Damit ich wenigstens was ausdrucken kann.

Peter: Was machst du denn damit eigentlich?

Rufus: Im Moment nicht so viel. Da könnte ich dann bei Bedarf, wenn Sitzungen stattfinden und ich gerade kein Gerät, kleine mobile Braillezeile mitnehmen möchte, könnte ich das einfach da ablesen, also vom Zettel. Was ich mir als Notizen aufgeschrieben hab.

Peter: Ach, deine Notizen, klar! Ja, wie auch ich jetzt. Ich hab‘ so einen kleinen Spickzettel, damit ich mich nicht verfranz und wir die Zeit einhalten. Wir beide als Spezialisten auf dem Gebiet können ja tagelang darüber berichten. Und damit wieder zurück zum eigentlichen Thema. Ja also was Barrierefreiheit ist, haben wir gerade nochmal gesagt. Nun hast du auch gesagt, Herausforderung sind da. Wir sind gerade nochmal bei dem Thema Förderungen. Also, wenn ich unterwegs bin bei den Unternehmen und mit den Betroffenen und Führungskräften spreche, dann gibt’s immer wieder ein Thema. Die Sache ist immens komplex, kompliziert. Da blickt man nicht durch. Und dann sag ich denen immer, das wissen wir und zum Glück gibt’s auch, verweis ich immer auf entsprechende Quellen im Internet, Informationen, die da anders aufbereitet sind für bestimmte Zielgruppen, einfach verständlicher.

Rufus: Ja, das ist ja ein gutes, fast abschließendes Stichwort. Wir haben versucht, so ein bisschen ein grundlegendes Verständnis zum Thema Barrierefreiheit, berufliche Teilhabe zu legen, zu skizzieren.
Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen. Peter, erstmal Danke dafür, dass du da warst!

Peter: Vielen Dank für deine Einladung, Rufus! Immer, immer gerne!

Rufus: Danke, danke dir auch! Meine Stimme werden Sie auch zukünftig hören. Ich werde das auch zukünftig moderieren. Ideen und Themen für weitere Episoden gerne uns senden an podcast@rehadat.de. Ich bedanke mich für’s Zuhören und sage tschüss! Bis zum nächsten Mal!

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