Psychische Erkrankungen nehmen ihrer Natur nach in vielen Fällen einen chronischen Verlauf und gehen dementsprechend auch mit Teilhabeeinschränkungen einher. Dies gilt nicht nur für Demenzerkrankungen und schizophrene Psychosen, sondern auch für Persönlichkeitsstörungen und einen Großteil der affektiven Störungen.
Eine wichtige Säule in der Versorgung psychischer Störungen stellt die sogenannte "Richtlinienpsychotherapie" durch niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten dar. Auch hier gilt, dass die Mehrzahl der Patient*innen unter langjährigen Störungen leiden, die mit Teilhabe Störungen und insbsondere Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit einhergehen und die in aller Regel auch nach der Therapie keine Vollremission erreichen lassen.
Daraus folgt, dass es in der Psychotherapie nicht nur um die Behandlung von Krankheitssymptomen und -prozessen im engeren Sinne gehen kann, sondern auch unter einer bio-psycho-sozialen Perspektive gemäß der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit um eine Förderung der Teilhabe durch ein Training von Fähigkeiten (zum Beispiel Training der sozialen Kompetenz) und Kontextanpassungen (zum Beispiel Unterstützung bei Arbeitsplatzveränderungen). Psychotherapie ist die einzige Behandlungsform, die auf allen Ebenen der Krankheitsfolgen intervenieren.
Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welchem Umfang in der Routine der Richtlinienpsychotherapie eine erweiterte sozialmedizinsche Behandlungskonzepte eine Rolle spielen. Es fehlen dazu verlässliche versorgungsepidemiologische Daten. In der vorliegenden von der
DRV-Berlin-Brandenburg geförderten Studie war das Ziel zu untersuchen, bei wie vielen und welchen Patient*innenen von Richtlinienpsychotherapeut*innen sozialmedizinsiche Behandlungserfordernisse gegeben sind und was die Therapeut*innen in dieser Richtung tun.
Psychotherapeut*innen sind wichtige Kooperationspartner*innen der stationären beziehungsweise ganztags ambulanten medizinischen Rehabilitation was sowohl den Reha-Zugang wie die Reha-Nachsorge betrifft. Eine Aufgabe aller Sozialversicherungsträger sollte sein, die Voraussetzungen für eine gute sektorenübergreifende Kooperation zu schaffen und die sozialmedizinische Aus- und Weiterbildung von Psychothrapeut*innen zu fördern.