Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2003 verurteilt, dem Kläger über den 02.07.2003 hinaus bis zum 31.07.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Im Streit steht die Fortzahlung von Krankengeld für die Zeit vom 03.07.2003 bis zum 31.07.2003.
Der im Oktober 1964 geborene und früher als Koch beschäftigte Kläger ist seit dem 07.11.2001 als Bezieher von Arbeitslosengeld bei der Beklagten krankenversichert. Ab dem 07.10.2002 war er wegen einer Multiplen Sklerose ( Encephalomyelitis disseminata) arbeitsunfähig erkrankt und bezog dieserhalb ab dem 02.11.2002 von der Beklagten Krankengeld. Der zuständige Rentenversicherungsträger bewilligte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.08.2003 sowie Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.02.2004 bis 31.01.2007.
Am 17.04.2003 stellte sich der Kläger beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Begutachtung vor, für den
Dr. T1 zu dem Ergebnis gelangte, dass dem Kläger wieder körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder, überwiegend sitzender Körperhaltung zuzumuten seien.
Mit Bescheid vom 02.07.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Krankengeld nur noch bis zum 02.07. 2003 gezahlt werde.
Auf Widerspruch des Klägers holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein, für den die Fachärztin für Chirurgie T2 die Ergebnisse der Vorbegutachtung nach Aktenlage bestätigte.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2003 zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die am 09.10.2003 erhobene Klage. Der Kläger behauptet auch über den 02.07.2003 hinaus arbeitsunfähig erkrankt gewesen zu sein.
Ausweislich seines schriftlichen Vorbringens beantragt der Kläger,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.09.2003 zu verurteilen, ihm über den 02.07.2003 hinaus bis zum 31.07.2003 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angegriffenen Bescheide für rechtmäßig.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hat das Gericht zunächst Befundberichte des behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie
Dr. L aus X, der Oberärztin und Leiterin der
MS-Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Klinikums der Universität zu L Privatdozentin
Dr. Q, des behandelnden Arztes für Innere Medizin
Dr. T3 aus X sowie des behandelnden Urologen
Dr. S1 aus X eingeholt.
Dr. L sieht den Kläger für fortlaufend arbeitsunfähig in seinem Beruf als Koch an. Privatdozentin
Dr. Q,
Dr. T3 und
Dr. S1 haben anlässlich der von ihnen durchgeführten Untersuchungen keine Feststellungen zu etwaiger krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit getroffen.
Mit Beweisanordnung vom 15.01.2004 ist sodann der Arzt für Neurologie und Psychiatrie S2 zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens beauftragt worden.
In seinem Gutachten vom 08.03.2004 hat der Sachverständige ausgeführt, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers deutlich vermindert, der Kläger aber noch in der Lage sei vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen auszuführen. Die Gehfähigkeit des Klägers sei für längere Wegstrecken eingeschränkt. Er sei aber in der Lage, 4x täglich etwas mehr als 500
m auf dem Weg von und zur Arbeit zurückzulegen. Zudem besitze der Kläger einen Führerschein und ein Motorrad.
Der Kläger vermag sich den Ergebnissen des Sachverständigen S2 nicht anzuschließen. Insbesondere sei er nicht in der Lage, regelmäßig Wegstrecken von mehr als 500
m zu Fuß zu bewältigen. Sein Motorrad könne er nicht mehr benutzen. Im übrigen bezieht er sich auf einen ärztlichen Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M von der Begutachtungsstelle der LVA Westfalen in I, der den Kläger nur noch in der Lage sieht, cirka vier bis fünf Stunden arbeitstäglich einer leidensgerechten Arbeit nachzugehen, und ausführt, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, 500
m in etwa 20 Minuten zu gehen. Außerdem hat der Kläger beantragt die Privatdozentin
Dr. Q gutachtlich zu hören. Dem ist das Gericht mit Beweisanordnung vom 30.06.2004 nachgekommen.
In ihrem Gutachten vom 03.08.2004 hat Privatdozentin
Dr. Q ausgeführt, dass der Kläger aufgrund einer Fatigue-Symptomatik ( einem Müdigkeits-Syndrom als Begleitsymptomatik der Multiplen Sklerose) über den 02.07.2003 hinaus nicht mehr vollschichtig, sondern nur etwa vier Stunden arbeitstäglich einsetzbar gewesen sei. Dabei sei bei linksbetonter Tetraspastik das Halten des linken Armes und die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand eingeschränkt gewesen. Wegen einer Gangstörung im Rahmen der Tetraspastik und der beschriebenen Fatigue-Symptomatik sei nach einem bislang letzten Schub der Grunderkrankung im Sommer 2002 die Gehfähigkeit des Klägers im fraglichen Zeitraum zunächst auf unter 500
m und ab Dezember 2003 auf 150
m begrenzt gewesen. Sie stützt sich insoweit auf die Untersuchungsbefunde zweier Untersuchungen vom 12.12.2002 und 17.12.2003 sowie auf die Angaben des Klägers, die sie für plausibel erachtet. Ein Kraftfahrzeug besitze der Kläger nicht. Bei neurogener Blasenentleerungsstörung mit Restharnbildung, imperativem Harndrang und gelegentlich auftretenden Inkontinenzen müsse eine Toilette in kurzer Entfernung erreichbar sein. Zum Gutachten des
Dr. S2 bestünden vor allem deshalb Divergenzen, weil dieser die bestehende Fatigue-Symptomatik unberücksichtig gelassen habe.
Kläger und Beklagte haben einer Entscheidung ohne mündlicher Verhandlung zugestimmt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die eingeholten Befundberichte und Gutachten sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen hat.