Der Einzelrichter konnte
gem. § 6
Abs. 1 Satz 1
VwGO entscheiden.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Rechtsgrundlage der Zustimmungsentscheidung des Beklagten ist
§ 85 SGB IX. Die Zustimmungsentscheidung ist eine Ermessensentscheidung (dazu ausführlich Kuhlmann, Behindertenrecht 2006, 93/97 f.,
m.w.N.), mit der das Integrationsamt die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe mit den Schutzinteressen des behinderten Arbeitnehmers abwägt (zu alledem zuletzt BayVGH vom 28.9.2010 Az.
12 B 10.1088) und die
gem. § 114 Satz 1
VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung dahingehend unterliegt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Ermessensentscheidung ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte auszurichten. Danach ist das Interesse der schwerbehinderten Arbeitnehmer, ihren Arbeitsplatz zu behalten, mit dem Interesse des Arbeitgebers Personalkosten zu sparen, abzuwägen (
BVerwG vom 19.10.1995 BVerwGE 99, 336 = Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 10). Es ist dem Fürsorgegedanken des Gesetzes Rechnung zu tragen, das die Nachteile schwerbehinderter Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen will und dafür in Kauf nimmt, dass die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers eingeengt wird. Besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit beim Arbeitgeber sind im Rahmen der Abwägung der gegensätzlichen Interessen dann zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Entsprechend ist der Schutz umso geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist. Andererseits ist auch die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen.
Sinn und Zweck des Zustimmungsverfahrens ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Die §§ 85
ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten (
BVerwG vom 11.5.2006 Behindertenrecht 2007, 107 und vom 11.9.1990 Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 4). Das Integrationsamt hat im Zustimmungsverfahren deshalb grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Schwerbehinderten etwa sozial gerechtfertigt im Sinne von
§ 1 Abs. 2 KSchG ist (
vgl. BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 287/294 = DVBl. 1992, 1490, Leitsatz 3) oder ob andere arbeitsrechtliche Schranken, wie sie etwa außerhalb der Anwendbarkeit des
KSchG gelten, eingehalten sind. Denn diese Prüfung ist allein von den Arbeitsgerichten vorzunehmen. Der Sonderkündigungsschutz soll vor allem die Nachteile der Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen (
BVerwG v. 28.2.1968 BVerwGE 29, 140). Dessen Zweck geht dahin, den Schwerbehinderten vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, zu bewahren und sicherzustellen, dass er gegenüber den gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät (
BVerwG v. 12.1.1966 BVerwGE 23, 123).
Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder versagt werden soll, können deshalb nur Erwägungen eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (
BVerwG v. 2.7.1992 a.a.O.). Ist die beabsichtigte Kündigung allerdings nach arbeitsrechtlichen Vorschriften offensichtlich unwirksam,
d. h. dass die Unwirksamkeit der Kündigung "ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt", ist der Zustimmungsantrag abzulehnen
bzw. eine erteilte Zustimmung vom Gericht aufzuheben. Das Integrationsamt soll nicht an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum Nachteil des Schwerbehinderten mitwirken (
BVerwG vom 2.7.1992 a.a.O.; BayVGH vom 16.11.1993 Az.
12 B 92.84;
GK zum
KSchG, Luchterhand 5. Aufl. 1998, §§ 15 bis 20
SchwbG RdNr. 83). An einer in diesem Sinne offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Antragstellung fehlt es immer dann, wenn die vom Arbeitgeber genannten Gründe geeignet sind, eine ordentliche Kündigung zu tragen (BayVGH v. 28.9.2010 a.a.O.).
Gemessen an diesen Grundsätzen begegnet der Bescheid des Beklagten vom 26. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2009 keinen durchgreifenden Bedenken. Der Beklagte hat zu Recht angesichts der Betriebsbedingtheit der beantragten Kündigung und des damit verbundenen geringen Zusammenhangs mit der Schwerbehinderteneigenschaft die Kündigung ermessensfehlerfrei als nicht offensichtlich unwirksam angesehen, ohne dass sich aus der streitigen Einordnung der Beigeladenen als Kleinbetrieb
i.S.v.
23 Abs. 1 Satz 3 KSchG etwas anderes ergäbe, so dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht veranlasst waren.
1) Der Beklagte hat zu Recht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht, dass der Wegfall der von der Klägerin betreuten Projekte und damit ihres Arbeitsplatzes zwischen den Beteiligten streitig und diese Frage mithin weder in der einen noch in der anderen Richtung eindeutig zu entscheiden ist. Dieser Kündigungsgrund wäre aber, seine Wahrheit unterstellt, geeignet, die Kündigung zu tragen. Eine Klärung kann nur eine Beweisaufnahme bringen. Dies ist Kernaufgabe des Arbeitsgerichts. Würde man hier eine Ermittlungspflicht des Beklagten annehmen, würde dies gerade zur Doppelprüfung führen, die vom Gesetz nicht gewollt ist.
Dies gilt umso mehr, als eine behauptete Umsetzungsmöglichkeit der Klägerin fraglich ist, da nach ausreichend substantiiertem Vortrag der Beigeladenen kein anderer Arbeitsplatz weggefallen ist. Selbst bei Notwendigkeit einer Sozialauswahl wäre so unklar, welche Vergleichsgruppe herangezogen werden soll, zumal auch die Geeignetheit der Klägerin für eine Beschäftigung im Vertrieb streitig ist. Denn entgegen der von der Klägerin im Schriftsatz vom 19. März 2009 geäußerten Auffassung war die Beigeladene gerade nicht verpflichtet, einen Arbeitsplatz freizukündigen (
BVerwG v. 11.9.1990 Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 4; BayVGH v. 28.9.2010 a.a.O.). Dies ist umso mehr beachtlich, als eine fehlende Umsetzungsmöglichkeit im Ergebnis unerheblich machen dürfte, ob eine Sozialauswahl oder die bloße Willkürfreiheit der Kündigung zu prüfen war. Auch dies zeigt, dass eine offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung nicht festgestellt werden kann.
Im Übrigen hat der Beklagte jedenfalls im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2009 die Anwendbarkeit des
KSchG und damit die Notwendigkeit einer Sozialauswahl offen gelassen, so dass ein Ermessensfehler nicht etwa schon aus einer diesbezüglichen Festlegung herrühren kann. Maßgeblich ist vielmehr, dass der grds. die Kündigung tragende Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin und damit die Betriebsbedingtheit sowie der genauer anzulegende Maßstab an eine eventuelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers streitig sind und eine Unwirksamkeit der Kündigung somit nicht "ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt". Weitere, nicht nur arbeitsrechtliche Gesichtspunkte sind von den Beteiligten an den Beklagten nicht herangetragen worden. Über das Geschehene hinausgehende Ermittlungen waren daher nicht veranlasst.
2) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus der streitigen Frage, ob die Beigeladene einen Kleinbetrieb
i.S.v. 23
Abs. 1 Satz 3
KSchG darstellt. Die Entscheidung dieser Frage würde zunächst nur den arbeitsrechtlichen Prüfungsmaßstab konkretisieren. Über die entscheidende Frage, nämlich die grundsätzliche Geeignetheit des Kündigungsgrundes, sagt dies aber unmittelbar nichts aus. Der Beklagte hat dies, wie oben dargelegt, ausreichend berücksichtigt. Jedenfalls ist diese Frage aber auf rein arbeitsrechtlicher Grundlage zu entscheiden, so dass eine für den Beklagten erkennbare Offenkundigkeit der Unwirksamkeit der Kündigung nicht vorliegt. Maßgeblich ist insoweit die streitige Einordnung mehrerer Personen als Arbeitnehmer, die auf einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles basiert und nicht durch einzelne einfach erkennbare Merkmale determiniert wird.
Dies gilt insbesondere für den als stellvertretenden Geschäftsführer bezeichneten Herrn H. Dieser alleine kann, auch wenn man ihn als Arbeitnehmer einstuft, schon nicht zusammen mit den 8,5 unstreitig als Arbeitnehmer beschäftigten Personen die maßgebliche Grenze von 10 Arbeitnehmern erreichen, wie auch die Klägerin in der Widerspruchsbegründung vom 2. Juni 2009 unter
Nr. II. 1. korrekt errechnet. Im Übrigen kommt der Handelsregistereintragung eines Geschäftsführers
gem. § 39 GmbHG keine konstitutive Wirkung zu. Auch aus der sonstigen von der Klägerin angeführten Rechtsprechung ergibt sich nicht, dass die Handelsregistereintragung eine zwingende Aussage zur Arbeitnehmereigenschaft des Herrn H. enthielte. Insbesondere zu dieser Frage sind alle Umstände des Einzelfalles gegeneinander abzuwägen, wobei die Arbeitnehmereigenschaft eines Geschäftsführers nach wie vor als Ausnahme anzusehen ist (
vgl. BAG v. 26.5.1999 Az. 5 AZR 664/98 NZA 1999, 987). Von einer offenkundigen Arbeitnehmereigenschaft kann daher keine Rede sein. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin konnte daher keine Pflicht zur Ermittlung von Amts wegen auslösen.
3) Eine unzulässige Schlechterstellung schwerbehinderter Arbeitnehmer liegt hierin nicht. Wie oben ausgeführt, besteht der Schwerbehindertenschutz nicht schlechthin. Sofern lediglich die Betriebsbedingtheit und damit die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen einer Kündigung sowie
ggf. der damit verbundene konkrete arbeitsrechtliche Prüfungsmaßstab streitig sind, ist die Schwerbehinderteneigenschaft als solche nicht betroffen, da der Schwerbehinderte dem Arbeitgeber dann grds. wie jeder andere Arbeitnehmer, dem gekündigt werden soll, gegenübersteht. Die Klägerin ist dadurch nicht schutzlos. Sie kann vielmehr ihre Belange im arbeitsgerichtlichen Verfahren wahren, das hierfür auch vorgesehen ist. Zusätzliche Gesichtspunkte, die dort nicht geprüft werden könnten, sind hier nicht ersichtlich.
4) Die Ermessensentscheidung des Beklagten stellt sich daher als ermessensfehlerfrei dar. Insbesondere wurden alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte ermittelt, berücksichtigt und korrekt gewichtet. Im Übrigen wird auf den Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2009 und die Klageerwiderung vom 5. August 2010 verwiesen (§ 117
Abs. 5
VwGO).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 1
VwGO abzuweisen. Eine Anwendung des § 162
Abs. 3
VwGO bzgl. der Beigeladenen war nicht angezeigt, da diese keinen Antrag gestellt hat. Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 Hs. 1
VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
Abs. 1 und 2
VwGO, §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 2
ZPO.