Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Berichterstatter über die Klage entscheiden.
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin ist klagebefugt. Die gesellschaftsrechtliche Umwandlung, bei der die e.
GmbH unter Aufnahme des Werks W. aus der früheren Klägerin entstanden ist, führte gemäß § 613a
Abs. 1
BGB dazu, dass die neue Inhaberin in alle Rechten und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten ist. Von daher besteht von Gesetzes wegen durch die Umwandlung ein Arbeitsverhältnis der jetzigen Klägerin mit der Beigeladenen. Insoweit tritt die jetzige Klägerin auch in allen Verfahren, die die Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer betreffen, an die Stelle der früheren Arbeitgeberin ein. Der Prozessbevollmächtigte der früheren Klägerin ist auch Prozessbevollmächtigter der neuen Klägerin und hat sich durch Vorlage einer entsprechenden Vollmacht legitimiert.
Die Klage ist auch begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf erneute Bescheidung des Antrags auf Zustimmung zur Kündigung der Beigeladenen vom 21.01.2013. Denn die Ablehnung dieses Antrags seitens der Beklagten war sowohl formell (unten 1) als auch materiell (unten 2) rechtswidrig.
1. Die angegriffenen Bescheide sind unter Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften zustande gekommen.
a) Gemäß § 24
Abs. 1
SGB X ist einem Beteiligten, in dessen Rechte durch den geplanten Verwaltungsakt eingegriffen werden soll, vor dessen Erlass Gelegenheit zur Stellungnahme zu den erheblichen Tatsachen zu geben. Die Anhörungspflicht betrifft hierbei nicht lediglich belastende Verwaltungsakte, sondern gilt in gleicher Weise für die geplante Ablehnung beantragter begünstigender Verwaltungsakte und beschränkt sich nicht nur auf Tatsachen, sondern erstreckt sich auch auf die maßgeblichen rechtlichen Erwägungen der erlassenden Behörde.
aa) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Ablehnung des Antrags der Klägerin stellt einen solchen Verwaltungsakt dar. Der Klägerin war es auch verwehrt, sich vor Erlass dieses Verwaltungsakts zu den erheblichen Tatsachen zu äußern. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass insbesondere der Reha-Abschlussbericht vom 02.05.2013 eine solche erhebliche Tatsache darstellt. Denn aus diesem hat der Beklagte die für seine Entscheidung maßgebliche positive Zukunftsprognose entnommen. Auf die ausdrückliche Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung habe die Vertreterin des Beklagten und der Bevollmächtigte der Beigeladenen bestätigt, dass die positive Prognose zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung allein aus diesem Reha-Bericht vom 02.05.2013 gefolgert werden konnte. Diesen Bericht hat der Beklagte seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dass die Klägerin von dessen Inhalt Kenntnis erlangen konnte und sich dazu äußern konnte.
bb) Dieser formelle Fehler ist auch beachtlich im Sinne von § 42
SGB X. Die Aufhebung eines (nicht nichtigen) Verwaltungsakts kann nach § 42 Satz 1
SGB X nicht verlangt werden, wenn offensichtlich ist, dass in der Sache selbst keine andere Entscheidung hätte getroffen werden können. Diese Möglichkeit ist vorliegend schon im Ansatz auszuschließen, weil die Entscheidung des Beklagten eine Ermessensentscheidung darstellt, bei der in aller Regel immer eine andere Sachentscheidung denkbar ist; jedenfalls ist eine offensichtliche Ermessensreduktion des Beklagten auf Null zugunsten der Beigeladenen auszuschließen. Hinzu kommt, dass im Bereich des
SGB X dem Anhörungsrecht gegenüber dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht vom Gesetzgeber eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Denn § 42 Satz 2
SGB X erklärt alle Verletzungen der Anhörungspflicht, solange diese nicht geheilt sind, für beachtlich.
cc) Die Verletzung des Anhörungsrechts ist zwar nach § 41
Abs. 1
Nr. 3
SGB X heilbar, wobei die Heilungsmöglichkeiten innerhalb der Frist des § 41
Abs. 2
SGB X möglich ist. Eine solche Heilung hat aber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht stattgefunden, weshalb der Verfahrensfehler unverändert beachtlich bleibt und deshalb die Aufhebung des Verwaltungsakts von der Klägerin allein wegen dieses formellen Fehlers verlangt werden kann.
b) Ob der Beklagte zusätzlich auch gegen die Rechte der Klägerin aus § 25
SGB X verstoßen hat, bedarf vorliegend keiner weitergehenden Erörterung. Denn eine gesetzeswidrige Verweigerung der Akteneinsicht stellte ebenfalls eine Form der Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, für das die gleichen Maßstäbe gelten würden wie hinsichtlich der unterbliebenen Anhörung. Da der Verwaltungsakt aber bereits nach den obigen Erwägungen formell rechtswidrig ist, kann dahin stehen, ob bei der durch die Klägerin gewünschten Akteneinsicht ein zusätzlicher Verstoß festzustellen ist.
2. Die von der Beklagten getroffene Entscheidung ist auch materiell rechtswidrig.
a) Anspruchsgrundlage für die begehrte Zustimmung zur Kündigung der Beigeladenen ist
§ 87 Abs. 1 i.V.m. § 88 Abs. 1 SGB IX. Danach hat das Integrationsamt auf den Antrag des Arbeitgebers nach pflichtgemäßen Ermessen die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen. Vorliegend sind die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt, sodass es auf die Ausübung des dem Beklagten eingeräumten Ermessens ankommt.
aa) Dem Beklagten steht bei der Entscheidung, ob er dem Antrag der Klägerin stattgibt oder ihn ablehnt, Ermessen zu, das er nach § 39
SGB I pflichtgemäß auszuüben hat. Gemäß dem Zweck der
§§ 85 ff. SGB IX, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen, sind deshalb die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gegeneinander abzuwägen, wobei die Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers desto mehr an Gewicht verlieren, je weniger der Kündigungsgrund mit der Behinderung im Zusammenhang steht. Dagegen ist die Frage, ob die Kündigung aus andern Gründen rechtswidrig ist, dem arbeitsgerichtlichen Verfahren vorbehalten, denn die Zustimmung zur Kündigung gibt dem Arbeitgeber nur diejenige Rechtsstellung zurück, die er hätte, wenn es den besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte nicht gäbe.
bb) Ein solcher Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund ist bei Zustimmungsanträgen, die sich auf Leistungsdefizite in der Person des schwerbehinderten Arbeitnehmers beziehen (insbesondere auch krankheitsbedingte Fehlzeiten) regelmäßig gegeben, da hier ein Zusammenhang von Kündigungsgrund mit der Behinderung in aller Regel nicht auszuschließen ist, sondern eher nahe liegt.
cc) Die am 13.09.2011 festgestellte Behinderung der Beigeladenen resultiert gemäß dem Schreiben des Landratsamts Esslingen aus einer "Erkrankung der rechten Brust (in Heilungsbewährung)". Inwieweit diese Schwerbehinderung mit den danach entstandenen krankheitsbedingten Fehlzeiten zusammenhängt, wurde durch den Beklagten im Bescheid und im Widerspruchsbescheid allerdings nicht klar dargestellt. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt den Zusammenhang zu behaupten. Zuzugeben ist, dass ein entsprechender Zusammenhang denkbar ist. Allerdings enthalten weder der Bescheid, der Widerspruchsbescheid noch die vorgelegte Akte konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die krankheitsbedingten Fehlzeiten ihre Ursache - wenn auch nur mittelbar - in der festgestellten Schwerbehinderung haben.
dd) Jedenfalls trägt die vom Beklagten vorgenommene Prüfung der Gesundheitsprognose die Ablehnung der Zustimmung nicht. Der Beklagte geht hier von einer positiven Prognose aus und legt diese seinen Entscheidungen zugrunde. Die Erkenntnisgrundlage für diese Annahme ist aber nicht ersichtlich. Warum eine Verbesserung des Gesundheitszustandes und damit auch eine Arbeitsfähigkeit zu erwarten ist, legt der Beklagte nicht offen. Der Reha-Bericht bestätigt zwar den guten psychischen Zustand der Beigeladenen am Ende ihres Reha-Aufenthalts. Er enthält aber keine Prognose. Entscheidend ist aber, dass dem Bericht - so wie er vom Beklagten vorgelegt worden ist - nicht zu entnehmen ist, auf welche Erkrankungen er sich bezieht. Somit ist durchaus denkbar, dass eine der bisher in Erscheinung getretenen Erkrankungen der Beigeladenen auch in Zukunft ihre Arbeitsfähigkeit nachhaltig beeinträchtigen kann.
b) Die pflichtgemäße Ermessensausübung durch die Behörde ist einer gerichtlichen Kontrolle zugänglich, § 114 Satz 1
VwGO. Die Ermessensausübung ist bei einem Ermessensfehlgebrauch, der insbesondere bei einem Ermessensdefizit anzunehmen ist, fehlerhaft. Dies sind alle Fälle, in denen die Behörde nicht alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat oder nicht alle für die Entscheidung bedeutsamen Tatsachen ermittelt hat.
aa) Die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen der Schwerbehinderung und den Krankheiten, die ab 2011 die Fehlzeiten verursachten, nimmt der Beklagte vor, ohne - nach Aktenlage - Kenntnis über diese Erkrankungen zu haben. Es fehlen schlicht Angaben zur Art der Schwerbehinderung und zu den Krankheiten, welche die Fehlzeiten verursachten. Aus diesen Angaben könnte dann
ggf. auch eine tragfähige Prognose für die zukünftige längerfristige Arbeitsfähigkeit der Beigeladenen aufgestellt werden. Sofern der beklagte über diese Informationen nicht verfügt, ist seine Entscheidung ohnehin rechtswidrig. Falls er solche Informationen besitzt, diese aber nicht preisgibt, gilt gleiches, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ermessensausübung nur solche Tatsachen und Erwägungen berücksichtigen kann, die ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden sind und aktenkundig sind. Andernfalls muss das Gericht - wie vorliegend - davon ausgehen, dass die Entscheidung des Beklagten in Ermanglung der erforderlichen Information ermessensdefizitär ist.
bb) Sofern der Beklagte meint, Daten der Beigeladenen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weitergeben zu dürfen, kann er solche Umstände jedenfalls weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren verwenden. Das Gebot des rechtlichen Gehörs gebietet die vollständige Nachprüfung von Akten öffentlicher Gewalt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht durch die Verwaltungsgerichte. Es ist somit nicht zulässig eine Entscheidung im Verwaltungsverfahren auf Gründe zu stützen, die dann ich verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht offengelegt werden und so eine gerichtliche Überprüfung möglich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154
Abs. 1, 162
Abs. 3, 188 Satz 2
VwGO.